Konzepte des Kompetenzmanagements spielen in der derzeitigen Personalentwicklung eine wachsende Rolle. Die praktische Relevanz für betriebliches Personalmanagement hängt von ihrem inhaltlichen Mehrwert im Vergleich zu älteren, aber bewährten Leitkonzepten (z. B. Qualifikation) ab.
Die unterschiedlichen Konzeptionen haben den Kompetenzbegriff gemeinsam. Mit ihm stellen sie weniger auf die Zertifizierung und Organisation von beruflicher Bildung ab, sondern auf die Feststellung und Förderung von personalen Befähigungen (Dispositionen) in realen betrieblichen Handlungsfeldern.
Ein Einstieg in ein Kompetenzmanagementsystem ist nur dann sinnvoll, wenn die konzeptionellen Grundlagen "Kompetenz" und "Kompetenzentwicklung" in ihrer Bedeutung für das Unternehmen diskutiert und soweit geklärt sind, dass der Mehrwert im Vergleich zum vorhandenen System auch erkennbar ist.
Kompetenz und Kompetenzentwicklung
Der Begriff Kompetenz wird oft umgangssprachlich genutzt. und dabei nicht nur als Fähigkeit, sondern auch als Berechtigung/Zuständigkeit verstanden. Die Kompetenzbegriffe in Kompetenzmanagementkonzepten sind dagegen psychologisch begründet. In ihnen sind folgende Erkenntnisse berücksichtigt:
- Letztlich ist nicht das Bestehen von schulischen Prüfungen, sondern die Bewältigung realer Situationen und Aufgaben
- entscheidend für den beruflichen Erfolg.
Hinter dieser handlungspraktischen "Performanz" stehen psychische Tiefenstrukturen (Kompetenzen), die nicht unmittelbar erkennbar sind, sondern analytisch erschlossen werden müssen.
Nicht nur geistige Befähigungen (Wissen, kognitive Handlungsstrategien), sondern auch persönliche Eigenschaften im motivationalen und emotionalen Bereich machen diese Kompetenzen aus.
Man kann Kompetenzen grob unterscheiden anhand der Bereiche der Performanz, in denen sie sich zeigen (z. B.: Sozialkompetenz, Methodenkompetenz, Fachkompetenz). In jedem Fall ist dabei zu berücksichtigen, dass dabei immer die Kompetenzdimensionen Wissen, Können und Wollen beteiligt sind
Dimensionen und Erscheinungsformen von Kompetenz
Kompetenzentwicklung beruht auf gezieltem oder beiläufigen Lernen, vor allem aber auf Erfahrung. Sie findet daher in den Augen der Berufstätigen zu einem sehr großen Teil im Arbeitsprozess statt (Ergebnis einer Befragung), also außerhalb von Bildungsprozessen.
Berufsarbeit kann, muss aber nicht kompetenzförderlich sein, wie mehrere Untersuchungen über die Effekte von langfristiger Arbeit mit geringen geistigen Anforderungen gezeigt haben. Man muss sich in jedem Fall darüber im Klaren sein, dass isolierte Lehr-Lernprozesse (z. B. Lehrgänge) nur dann zur Kompetenzentwicklung beitragen, wenn sie inhaltlich auf reale Anforderungen Bezug nehmen und in die Berufspraxis transferiert werden können.
Eine Kompetenzentwicklung "auf die Schnelle" ist nicht möglich. Einzelne Qualifizierungsmaßnahmen bewirken wenig. Indirekte Maßnahmen wie z. B. Zielentwicklungsgespräche und das Fördern von Selbstqualifizierung können wirkungsvoller und effizienter sein.
Wegen der großen Bedeutung von Motivation und Werten kommt auch der Unternehmens- und Organisationsentwicklung einer hoher Stellenwert für die Kompetenzentwicklung zu (Beispiel: Stellenwert von Vertrauen im Unternehmen).
Verständnis von KompetenzmanagementKompetenzmanagement ist, pragmatisch betrachtet, ein jedes betriebliche System, das darauf abzielt, Fragen der Kompetenzentwicklung nicht nur nicht zu ignorieren, sondern diese Fragen systematisch und erfolgskontrolliert zu verfolgen.
Zu einem derartigen Managementsystem gehören üblicherweise Verfahren zur Feststellung (Diagnose, Beschreibung) von Kompetenzen, Methoden zur Verknüpfung von Zielen, Voraussetzungen und Methoden sowie ein Set von Verfahren und Vorgehensweisen. Der wichtigste Grundstein eines betrieblichen Kompetenzmanagementsystems ist aber die Entwicklung einer Vorstellung von Kompetenzentwicklung, wie sie dem Unternehmen und den Mitarbeitern von Nutzen sein kann. Dabei sind folgende Fragen bedeutsam:
Welchen Mehrwert bietet die Erfassung und Förderung von Kompetenzen im Vergleich zu einem Ansatz, bei dem formale Qualifikationen und formelle Bildungsmaßnahmen im Vordergrund stehen? Welche neuen Möglichkeiten der Förderung und Ausgestaltung von Lernprozessen können sich ergeben? Welche Symbiose- und neuen Nutzeffekte können und sollen erzielt werden?
Konsequenzen für den EinstiegEs ist also nicht damit getan, ein gegebenes Personalmanagement in Kompetenzmanagement umzubenennen. Auch die Einführung komplexer, softwaregestützter Kompetenzmanagementsysteme nutzt nur etwas, wenn damit eine Neuorientierung verbunden ist.
Vor allem kleineren Unternehmen kann nur empfohlen werden, in das Kompetenzmanagement "niederschwellig" einzusteigen. Z.B. mit einer Suche nach den "weißen Flecken" der vorhandenen Organisations- und Qualifikationsentwicklung:
Im organisationalen Rahmen können z. B. die Kernkompetenzen des Unternehmens (nochmals neu) bestimmt und ihre Bedeutung für das künftige Wissen und Können der Belegschaft reflektiert werden.
Es kann versucht werden, wichtige Wirkfaktoren der Kompetenzentwicklung (z. B. betriebliches Verbesserungswesen, Arbeitsgestaltung, Verfügung über Lerngelegenheiten) ausfindig zu machen und eventuell neu ein- und auszurichten.
Das Management von Qualifizierungsmaßnahmen kann auf für "nachhaltige" Kompetenzentwicklung verzichtbare, aber auch neu erforderliche Angebote überprüft und entsprechend umstrukturiert werden.
Die bisherig genutzten Instrumente der Personalbeurteilung können ebenso gesichtet, durchforstet und z. B. durch Instrumente der Kompetenzerfassung und ?bilanzierung ergänzt werden.
Die Startaktivitäten können in sehr unterschiedliche Entwicklungspfade einmünden ? im Spannungsfeld von evolutionärer Verbesserung des Bestehenden bis hin zur Umgestaltung des Systems. Hier gibt es viele Optionen, aber wohl kaum Patentlösungen.
Kompetenzmanagement und -entwicklung in der ProduktionDie Aus- und Verlagerung von Produktionseinheiten ist bekanntlich nicht immer eine Erfolgsgeschichte. Eine technisch-organisatorische Modernisierung könnte, im Verbund mit einem geeigneten Kompetenzmanagement, in manchen Fällen die wirkungsvollere und effizientere Lösung sein. Dies gilt auch deswegen, weil im Bereich der industriellen Produktion besonders gute Ansatzpunkte für ein Kompetenzmanagement bestehen:
Viele Aufgaben und Prozesse sind standardisiert und stellen damit gut erkennbare Ansatz- und Prüfpunkte der Kompetenzentwicklung dar. Je mehr schwierige Aufgaben beispielsweise ein Werker beherrscht, desto größer ist seine Handlungskompetenz und Lernbereitschaft.
Das Lernen im Arbeitsprozess und in der fachübergreifenden Kooperation ist die wichtigste Lernform in der Produktion. Sie ist besonders kompetenzförderlich bzw. kann ohne großen Aufwand ausgestaltet werden.
Nicht nur Qualifizierungsmaßnahmen, sondern insbesondere auch Ressourcen fördern die Kompetenzentwicklung im Arbeitsprozess. Personelle Ressourcen (Vorgesetzte, Lernpartner, Coachs) zählen dazu ebenso wie zeitliche und sachliche Ressourcen (z. B. Lernarbeitsplätze, an denen ohne Stückzahlvorgabe, unterstützt von Medien, gelernt, aber auch produziert werden kann).
Ein Management der Kompetenzen für Produktionsarbeit (durch Werker, Facharbeiter, Techniker) sollte demnach besonders wirkungsvoll auf dem Aufgabenmanagement aufsetzen, das die dort tätigen Führungskräfte ohnehin tagtäglich betreiben: Durch Verteilung von Aufgaben, Klärung von Lernerfordernissen, Zuordnung von lehrenden zu lernenden Mitarbeitern, Beurteilung von Aufgabenbeherrschung und Weitergabe von Aufgabenwissen.
Ein neues Software-Tool, das die Führungskräfte beim kompetenzförderlichen Ausbau ihres Aufgabenmanagement sehr vielfältig unterstützt, ist das CM ProWork-Tool. Es bietet darüber hinaus die Möglichkeit, die im Prozess der Produktionsarbeit erworbenen Kompetenzen objektiv zu erfassen, auch zusätzliche, für die Tätigkeit im Produktionsprozess wichtige Kompetenzen im sozialen und kommunikativen Bereich einzustufen und Lernerfordernisse aufgaben- und personengenau darzustellen.
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Autor Dr. Elmar Witzgall info(at)wissen-koennen.de
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